Die Diagnose, sowie die Bedeutung und der Umgang mit Diagnosen ist oft auch ein Thema in meiner Praxis für psychologische Beratung + Therapie sowie Coaching Jürgen Junker Diplom Psychologe Aschaffenburg. Die folgende Darstellung soll Ihnen hier einen ersten Eindruck geben.
Was ist eine Diagnose?
Eine Diagnose ist eine kompakte / zusammenfassende Beschreibung von Eindrücken und Erkenntnissen, die Ihr behandelnde/r Psychologe/in oder Arzt/in im Laufe des Termins von Ihrer Problematik / Erkrankung gewonnen hat.
Da Sie als Patient oder Patientin die Diagnose vor allem auf Überweisungen, kurzen Klinikbriefen oder der Rechnung für Ihre Krankenkasse sehen… hat die Diagnose oft eine sehr kompakte Darstellung in Form von Buchstaben und Zahlen ergänzt um einen knappen diagnostischen Begriff.
Zum Beispiel steht F41.0 für eine Panikstörung. Die Codierung F41.0 ist der sogenannte ICD-Code.
ICD-Code
Der ICD-Code ist ein weltweit einheitlicher Code, der angewandt wird um medizinische Diagnosen einheitlich zu stellen. ICD ist die Abkürzung für „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems” ein System der WHO für die „Internationale Klassifikation von Krankheiten“.
Das BfArM gibt die ICD-10-GM im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit heraus, sie ist gemeinfrei. Die WHO arbeitet aktuell bereits mit ICD-11.
Auf medizinischen Dokumenten geben Psychotherapeuten / Psychotherapeutinnen, sowie Ärztinnen und Ärzte ICD-Codes an, um Diagnosen einheitlich zu benennen.
Umfassendere Diagnosen
Bei Gutachten, bei ausführlichen Klinikbriefen, in der Arbeit mit Klienten/innen insbesondere bei der Psychotherapie sind Diagnosen oft umfassender und beinhalten wesentlich mehr und ausführlichere Informationen.
Warum sind umfassendere Diagnosen hilfreich und wichtig?
Wichtig ist Diagnostik, weil sie dem Therapeuten/in Klarheit über die Problematik, die Einflussfaktoren und die zu beachtenden Mechanismen liefert. Für Sie als Klient/in entsteht durch eine ausführlicher erläuterte Diagnose oft auch ein besseres Verständnis für Ihre Problematik und vor allem dafür, was Ihnen helfen kann besser damit umzugehen.
Eine gute Diagnostik ist die beste Grundlage für das therapeutische Arbeiten.
Die eigene Diagnose
Entweder kommen Sie bereits mit einer Diagnose zu mir in die Praxis oder wir finden gemeinsam die auf Sie und Ihre Problematik zutreffende Diagnose(n). Die folgenden Beschreibungen möglicher Diagnosen sollen Ihnen helfen sich etwas besser zurecht zu finden.
Bitte beachten Sie Diagnosen sind immer “Beschreibungsversuche” d.h. ein Arzt oder eine Ärztin bzw. ein Psychologe oder eine Psychologin hat aufgrund der Termine mit Ihnen unter der Beachtung und Interpretation von Testergebnissen, Laborwerten, Patientenhistorie, sowie der Anamnese (systematische Erfragung und Erfassung der Erkrankung) + Gesprächen mit Ihnen eine Zuordnung vorgenommen.
Die Diagnosen sind immer auch subjektiv geprägte Klassifizierungen d.h. je nachdem wieviel Zeit für die Diagnostik aufgewandt und in welchem Umfang sich mit Ihrer Thematik befasst wurde sowie was mit der Diagnose / Diagnostik bewirkt werden soll und welche Erfahrungen der/die Diagnostizierenden mit Ihnen als Klient/in und der Problematik als solcher bestehen entstehen andere Einschätzungen.
Diagnosen folgen auch Trends
Ein Beispiel: Die Diagnose Burnout Z73 (ICD10) war ursprünglich lange Jahre nur eine vergleichsweise selten vergebene Codierung, die oft nur als ergänzende Nebendiagnose zu Depression vergeben wurde.
Aufgrund einer höheren gesellschaftlichen Beachtung der Burnout-Thematik durch Publikationen im Spiegel und anderen Medien steigerten sich die diagnostizierten Burnoutfälle dramatisch. Ein paar Jahre später sank die Zahl der Burnoutdiagnosen wieder. Die Zahlen der Depressionsdiagnosen und der diagnostizierten Anpassungsstörungen gingen dafür entsprechend nach oben.
Dementsprechend lässt sich folgern: Diagnosen folgen auch Trends
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Diagnose: Angststörungen
F40.0 Agoraphobie
F40.1 Soziale Phobien
F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien
F40.8 Sonstige phobische Störungen
F40.9 Phobische Störung, nicht näher bezeichnet
F41.0 Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst) und Panikattacken
F41.1 Generalisierte Angststörung
Symptome und Kennzeichen bei Angststörungen:
- Nervliche Erregung / physiologische Erregung = hochgefahren, hoher körperlicher Stresspegel
- Subjektive Wahrnehmung keine / wenig Kontrolle über sich selbst, über Symptome, über die Situation, die Aufgabe oder den Gegenüber / die Mitspieler
- Subjektive Wahrnehmung von (hoher/intensiver) Bedrohung und Gefahr
Bei phobischen Störungen F40 .x (ICD10), wird die Angst ausschließlich oder überwiegend durch eindeutig definierte, eigentlich ungefährliche Situationen hervorgerufen. In der Folge werden diese Situationen typischerweise vermieden oder mit Furcht ertragen.
Die Befürchtungen des Patienten können sich auf Einzelsymptome wie Herzklopfen oder Schwächegefühl beziehen, häufig gemeinsam mit sekundären Ängsten vor dem Sterben, Kontrollverlust oder dem Gefühl, wahnsinnig zu werden.
Allein die Vorstellung der phobischen Situation erzeugt meist schon Erwartungsangst.
Phobische Angst tritt häufig gleichzeitig mit Depression auf. Ob zwei Diagnosen, phobische Störung und depressive Episode, erforderlich sind, richtet sich nach dem zeitlichen Verlauf beider Zustandsbilder und nach therapeutischen Erwägungen.
Andere Angststörungen F41.x (ICD10): Verschiedene Formen und Manifestationen der Angst sind hier die Hauptsymptome. Oft auch (scheinbar) ohne Bezug zu bestimmten Auslösern oder Umgebungssituationen. Darüber hinaus kommen depressive und Zwangssymptome vor. Es kann als sekundäre Problematik auch phobische Angst auftreten.
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Diagnose: Agoraphobie F40.0
Agoraphobien sind Phobien, mit Befürchtungen, das Haus zu verlassen, Geschäfte zu betreten, in Menschenmengen und auf öffentlichen Plätzen zu sein, alleine mit Bahn, Bus oder Flugzeug zu reisen.
Eine Panikstörung kommt als häufiges Merkmal bei gegenwärtigen oder zurückliegenden Episoden vor. Depressive und zwanghafte Symptome sowie soziale Phobien sind als zusätzliche Merkmale gleichfalls häufig vorhanden.
Die Vermeidung der phobischen Situation steht oft im Vordergrund, und einige Agoraphobiker erleben nur wenig Angst, da sie die phobischen Situationen meiden können. Es gibt neben der Agoraphobie ohne Panikstörung auch eine Panikstörung mit Agoraphobie.
Diagnose: Soziale Phobien F40.1
Furcht vor prüfender Betrachtung durch andere Menschen, die zu Vermeidung sozialer Situationen führt. Soziale Phobien sind in der Regel mit niedrigem Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik verbunden.
Symptome der sozialen Phobie: Beschwerden wie Erröten, Händezittern, Übelkeit oder Drang zum Wasserlassen äußern. Dabei meint die betreffende Person manchmal, dass eine dieser sekundären Manifestationen der Angst das primäre Problem darstellt. Die Symptome können sich bis zu Panikattacken steigern.
Varianten der sozialen Phobie sind die Anthropophobie oder die soziale Neurose.
Diagnose: Spezifische Phobien F40.2
Phobien, die auf eng umschriebene Situationen wie Nähe von bestimmten Tieren, Höhen, Donner, Dunkelheit, Fliegen, geschlossene Räume, Urinieren oder Defäkieren auf öffentlichen Toiletten, Genuss bestimmter Speisen, Zahnarztbesuch oder auf den Anblick von Blut oder Verletzungen beschränkt sind.
Obwohl die auslösende Situation streng begrenzt ist, kann sie Panikzustände wie bei Agoraphobie oder sozialer Phobie hervorrufen. Beispiel sind: Akrophobie einfache Phobie, Klaustrophobie, Tierphobien.
Andere Angststörungen F41: Verschiedene Formen und Manifestationen der Angst sind hier die Hauptsymptome. Oft auch ohne Bezug zu bestimmten Auslösern oder Umgebungssituationen. Darüber hinaus kommen depressive und Zwangssymptome vor. Es kann als sekundäre Problematik auch phobische Angst auftreten.
Diagnose: Panikstörung / Panik F41.0
Bei der Panikstörung wird unterschieden zwischen Panikattacken und Panikzustand. Das wesentliche Kennzeichen der sogenannten “episodisch paroxysmalen Angst” sind wiederkehrende schwere Angstattacken und Panikgefühle. Die Panik beschränkt sich oft nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände und ist in vielen Fällen auch nicht vorhersehbar sind.
Symptome der Panikstörung / Panik: wesentliche Symptome sind plötzlich auftretendes Herzklopfen, Brustschmerz, Erstickungsgefühle, Schwindel und Entfremdungsgefühle, Depersonalisation oder Derealisation. Oft entsteht als Folge auch die Furcht zu sterben, vor Kontrollverlust oder die Angst, wahnsinnig zu werden.
Sekundärdiagnose: Die Panikstörung ist nicht die Hauptdiagnose, wenn vor Beginn der Panikattacken bereits eine depressive Störung vorliegt. Die Panikattacken sind dann wahrscheinlich sekundäre Folge der Depression.
Gerne stehe ich Ihnen bei Panikattacken für eine Psychologische Beratung + Therapie in Aschaffenburg zur Verfügung.
Diagnose: Generalisierte Angststörung F41.1
Die Angst ist generalisiert und anhaltend. Sie ist nicht auf bestimmte Umgebungsbedingungen beschränkt, oder auch nur besonders betont in solchen Situationen, sie ist vielmehr “frei flottierend”.
Die Symptome der generalisierten Angststörung sind variabel: Beschwerden wie ständige Nervosität, Zittern, Muskelspannung, Schwitzen, Benommenheit, Herzklopfen, Schwindelgefühle oder Oberbauchbeschwerden gehören zu diesem Bild. Häufig wird die Befürchtung geäußert, der Patient selbst oder ein Angehöriger könnten demnächst erkranken oder einen Unfall haben.
Diagnose: Angst und depressive Störung, gemischt F41.2
Diese Kategorie soll bei gleichzeitigem Bestehen von Angst und Depression Verwendung finden, jedoch nur, wenn keine der beiden Störungen eindeutig vorherrscht und keine für sich genommen eine eigenständige Diagnose rechtfertigt.
Treten ängstliche und depressive Symptome in so starker Ausprägung auf, dass sie einzelne Diagnosen rechtfertigen, sollen beide Diagnosen gestellt und auf diese Kategorie verzichtet werden. Ängstliche Depression (leicht oder nicht anhaltend).
Andere gemischte Angststörungen F41.3
Angstsymptome gemischt mit Merkmalen anderer Störungen in F42-F48. Kein Symptom ist allein schwer genug um die Diagnose einer anderen Störung zu stellen.
Weitere Diagnosen sind: Sonstige spezifische Angststörungen F41.8 wie z.B. die Angsthysterie oder nicht näher bezeichnete Angststörungen F41.9.
Diagnose: Burnout Z73
Z73 Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung – Burnout ist diagnostisch im ICD10 unter der Kategorie Z73 eingeordnet. Je nach persönlicher Situation, Belastung und Kontext kann Burnout auch als Depression oder Anpassungsstörung diagnostiziert worden sein.
- Burnout und ausgebrannt sein
- Zustand der totalen Erschöpfung
- Körperliche oder psychische Belastung
- Mangel an Entspannung oder Freizeit
- Sozialer Rollenkonflikt, anderenorts nicht klassifiziert
- Stress, sofern nicht anders klassifiziert
- Unzulängliche soziale Fähigkeiten, anderenorts nicht klassifiziert
- Akzentuierung von Persönlichkeitszügen
Diagnose: Depression
Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen.
F32 Depressive Episode (2-3 der Symptome)
F32.0 Leichte depressive Episode
F32.1 mittelgradig depressive Episode
F32.2 schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome
F32.3 schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
F32.8 sonstige depressive Episoden
F32.9 depressive Episode nicht näher bezeichnet
Depression Symptome
gedrückte Stimmung und Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände.
Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert.
Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor.
Mögliche körperliche Symptome: Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust.
Kriterium für Depressionsdiagnosen
5 aus der Liste der folgenden 9 Symptome:
- Depressive Verstimmung (fast den ganzen Tag)
- Interesse oder Freude an Aktivitäten deutlich vermindert
- Appetitstörung oder Gewichtsveränderung
- Schlafstörungen
- Psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung (agitiert vs. letharg.)
- Müdigkeit oder Energieverlust
- Gefühle von Wertlosigkeit oder Schuldgefühle
- Konzentrations- oder Denkstörungen (verlangsamtes Denken,…)
- Suizidalität
Gerne stehe ich Ihnen bei Depression für eine Psychologische Beratung + Therapie in Aschaffenburg zur Verfügung.
Diagnose: Zwangsstörung
Wesentliche Kennzeichen sind wiederkehrende Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. Zwangsgedanken sind Ideen, Vorstellungen oder Impulse, die den Patienten immer wieder stereotyp beschäftigen. Sie sind fast immer quälend, der Patient versucht häufig erfolglos, Widerstand zu leisten.
Die Gedanken werden als zur eigenen Person gehörig erlebt, selbst wenn sie als unwillkürlich und häufig abstoßend empfunden werden. Zwangshandlungen oder -rituale sind Stereotypien, die ständig wiederholt werden. Sie werden weder als angenehm empfunden, noch dienen sie dazu, an sich nützliche Aufgaben zu erfüllen. Der Patient erlebt sie oft als Vorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das ihm Schaden bringen oder bei dem er selbst Unheil anrichten könnte.
Im Allgemeinen wird dieses Verhalten als sinnlos und ineffektiv erlebt, es wird immer wieder versucht, dagegen anzugehen. Angst ist meist ständig vorhanden. Werden Zwangshandlungen unterdrückt, verstärkt sich die Angst deutlich. Varianten sind: Anankastische Neurose, Zwangsneurose.
Diagnose: Zwangsgedanken, pathologisches Grübeln + Grübelzwang F42.0
Diese können die Form von zwanghaften Ideen, bildhaften Vorstellungen oder Zwangsimpulsen annehmen, die fast immer für die betreffende Person quälend sind. Manchmal sind diese Ideen eine endlose Überlegung unwägbarer Alternativen, häufig verbunden mit der Unfähigkeit, einfache, aber notwendige Entscheidungen des täglichen Lebens zu treffen.
Die Beziehung zwischen Grübelzwängen und Depression ist besonders eng. Eine Zwangsstörung ist nur dann zu diagnostizieren, wenn der Grübelzwang nicht während einer depressiven Episode auftritt und anhält.
Diagnose: Zwangshandlungen und Zwangsrituale F42.1
Die meisten Zwangshandlungen beziehen sich auf Reinlichkeit (besonders Händewaschen), wiederholte Kontrollen, die garantieren, dass sich eine möglicherweise gefährliche Situation nicht entwickeln kann oder übertriebene Ordnung und Sauberkeit.
Dem Zwangsverhalten liegt die Furcht vor einer Gefahr zugrunde, die den Patienten bedroht oder von ihm ausgeht; das Ritual ist ein wirkungsloser oder symbolischer Versuch, diese Gefahr abzuwenden.
Weitere Diagnosen sind: Zwangsgedanken und Zwangshandlungen, gemischt F42.2 Sonstige Zwangsstörungen F42.8 und Zwangsstörung, nicht näher bezeichnet F42.9
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
Diese Störungen unterscheiden sich von den übrigen nicht nur aufgrund der Symptomatologie und des Verlaufs, sondern auch durch die Angabe von ein oder zwei ursächlichen Faktoren: ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis, das eine akute Belastungsreaktion hervorruft, oder eine besondere Veränderung im Leben, die zu einer anhaltend unangenehmen Situation geführt hat und eine Anpassungsstörung hervorruft.
Obwohl weniger schwere psychosoziale Belastungen (“life events”) den Beginn und das Erscheinungsbild auch zahlreicher anderer Störungen dieses Kapitels auslösen und beeinflussen können, ist ihre ätiologische Bedeutung doch nicht immer ganz klar. In jedem Fall hängt sie zusammen mit der individuellen, häufig idiosynkratischen Vulnerabilität, das heißt, die Lebensereignisse sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten und die Art der Krankheit zu erklären.
Im Gegensatz dazu entstehen die hier aufgeführten Störungen immer als direkte Folge der akuten schweren Belastung oder des kontinuierlichen Traumas. Das belastende Ereignis oder die andauernden, unangenehmen Umstände sind primäre und ausschlaggebende Kausalfaktoren, und die Störung wäre ohne ihre Einwirkung nicht entstanden.
Diese Störungen können insofern als Anpassungsstörungen bei schwerer oder kontinuierlicher Belastung angesehen werden, als sie erfolgreiche Bewältigungsstrategien behindern und aus diesem Grunde zu Problemen der sozialen Funktionsfähigkeit führen.
Diagnose: Akute Belastungsreaktion F43.0
Eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt, und die im Allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt.
Die individuelle Vulnerabilität und die zur Verfügung stehenden Bewältigungsmechanismen und Coping-Strategien spielen bei Auftreten und Schweregrad der akuten Belastungsreaktionen eine Rolle.
Die Symptomatik zeigt typischerweise ein gemischtes und wechselndes Bild, beginnend mit einer Art von “Betäubung”, mit einer gewissen Bewusstseinseinengung und eingeschränkten Aufmerksamkeit, einer Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten und Desorientiertheit.
Diesem Zustand kann ein weiteres sich zurückziehen aus der Umweltsituation folgen (bis hin zu dissoziativem Stupor, siehe F44.2) oder aber ein Unruhezustand und Überaktivität (wie Fluchtreaktion oder Fugue).
Symptome und vegetative Zeichen panischer Angst wie Tachykardie, Schwitzen und Erröten treten zumeist auf. Die Symptome erscheinen im Allgemeinen innerhalb von Minuten nach dem belastenden Ereignis und gehen innerhalb von zwei oder drei Tagen, oft innerhalb von Stunden zurück. Teilweise oder vollständige Amnesie (siehe F44.0) bezüglich dieser Episode kann vorkommen. Wenn die Symptome andauern, sollte eine Änderung der Diagnose in Erwägung gezogen werden.
Akut: Belastungsreaktion oder Krisenreaktion, Kriegsneurose, Krisenzustand, Psychischer Schock.
Diagnose: Posttraumatische Belastungsstörung F43.1
Diese entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären.
Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von betäubt sein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten.
Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten.
Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) über. Siehe auch: Traumatische Neurose
Diagnose: Anpassungsstörungen F43.2
Bei den Anpassungsstörungen handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten.
Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben (wie bei einem Trauerfall oder Trennungserlebnissen) oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte (wie bei Emigration oder nach Flucht). Sie kann auch in einem größeren Entwicklungsschritt oder einer Krise bestehen (wie Schulbesuch, Elternschaft, Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles und Ruhestand).
Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre.
Symptome und Anzeichen: umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können insbesondere bei Jugendlichen ein zusätzliches Symptom sein.
Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein. Siehe auch: Hospitalismus bei Kindern Kulturschock, Trauerreaktion.
Weitere Diagnosen: Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung F43.8 oder Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet F43.9
Diagnose: Somatoforme Störungen F45
Das Charakteristikum ist die wiederholte Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar sind. Wenn somatische Störungen vorhanden sind, erklären sie nicht die Art und das Ausmaß der Symptome, das Leiden und die innerliche Beteiligung des Patienten.
Diagnose: Somatisierungsstörung F45.0
Charakteristisch sind multiple, wiederholt auftretende und häufig wechselnde körperliche Symptome, die wenigstens zwei Jahre bestehen. Die meisten Patienten haben eine lange und komplizierte Patienten-Karriere hinter sich, sowohl in der Primärversorgung als auch in spezialisierten medizinischen Einrichtungen, wo viele negative Untersuchungen und ergebnislose explorative Operationen durchgeführt sein können.
Die Symptome können sich auf jeden Körperteil oder jedes System des Körpers beziehen. Der Verlauf der Störung ist chronisch und fluktuierend und häufig mit einer langdauernden Störung des sozialen, interpersonalen und familiären Verhaltens verbunden.
Eine kurzdauernde (weniger als zwei Jahre) und weniger auffallende Symptomatik wird besser unter F45.1 klassifiziert (undifferenzierte Somatisierungsstörung). Briquet-Syndrom, Multiple psychosomatische Störung. Nicht diagnostizieren wenn es eine bewusste Simulation Z76.5 ist.
Undifferenzierte Somatisierungsstörung F45.1
Wenn die körperlichen Beschwerden zahlreich, unterschiedlich und hartnäckig sind, aber das vollständige und typische klinische Bild einer Somatisierungsstörung nicht erfüllt ist, ist die Diagnose undifferenzierte Somatisierungsstörung zu erwägen.Undifferenzierte psychosomatische Störung
Diagnose: Hypochondrische Störung F45.2
Vorherrschendes Kennzeichen ist eine beharrliche Beschäftigung mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu leiden. Die Patienten manifestieren anhaltende körperliche Beschwerden oder anhaltende Beschäftigung mit ihren körperlichen Phänomenen.
Normale oder allgemeine Körperwahrnehmungen und Symptome werden von dem betreffenden Patienten oft als abnorm und belastend interpretiert und die Aufmerksamkeit meist auf nur ein oder zwei Organe oder Organsysteme des Körpers fokussiert.
Depression und Angst finden sich häufig und können dann zusätzliche Diagnosen rechtfertigen. Beispiele: Dysmorphophobie (nicht wahnhaft), Hypochondrie, Hypochondrische Neurose, Körperdysmorphophobe Störung, Nosophobie.
Somatoforme autonome Funktionsstörung F45.3
Die Symptome werden vom Patienten so geschildert, als beruhten sie auf der körperlichen Krankheit eines Systems oder eines Organs, das weitgehend oder vollständig vegetativ innerviert und kontrolliert wird, so etwa des kardiovaskulären, des gastrointestinalen, des respiratorischen oder des urogenitalen Systems.
Es finden sich meist zwei Symptomgruppen, die beide nicht auf eine körperliche Krankheit des betreffenden Organs oder Systems hinweisen:
Symptome I: Die erste Gruppe umfasst Beschwerden, die auf objektivierbaren Symptomen der vegetativen Stimulation beruhen wie etwa Herzklopfen, Schwitzen, Erröten, Zittern. Sie sind Ausdruck der Furcht vor und Beeinträchtigung durch eine(r) somatische(n) Störung.
Symptome II: Die zweite Gruppe beinhaltet subjektive Beschwerden unspezifischer und wechselnder Natur, wie flüchtige Schmerzen, Brennen, Schwere, Enge und Gefühle, aufgebläht oder auseinander gezogen zu werden, die vom Patienten einem spezifischen Organ oder System zugeordnet werden.
Beispiele: Da-Costa-Syndrom, Herzneurose, Magenneurose, Neurozirkulatorische Asthenie, Psychogene Formen: Aerophagie, Colon irritabile, Diarrhoe, Dyspepsie, Dysurie, erhöhte Miktionshäufigkeit, Flatulenz, Husten, Hyperventilation, Pylorospasmen, Singultus
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung F45.4
Die vorherrschende Beschwerde ist ein andauernder, schwerer und quälender Schmerz, der durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht vollständig erklärt werden kann.
Der Schmerz tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen auf, die schwerwiegend genug sein sollten, um als entscheidende ursächliche Faktoren gelten zu können.
Die Folge ist meist eine beträchtlich gesteigerte persönliche oder medizinische Hilfe und Unterstützung. Schmerzzustände mit vermutlich psychogenem Ursprung, die im Verlauf depressiver Störungen oder einer Schizophrenie auftreten, sollten hier nicht berücksichtigt werden. Beispiele: Psychalgie, psychogener Kopfschmerz, psychogener Rückenschmerz und somatoforme Schmerzstörung.
Diagnose für Spannungskopfschmerz G44.2
Sonstige somatoforme Störungen F45.8
Hier sollten alle anderen Störungen der Wahrnehmung, der Körperfunktion und des Krankheitsverhaltens klassifiziert werden, die nicht durch das vegetative Nervensystem vermittelt werden, die auf spezifische Teile oder Systeme des Körpers begrenzt sind und mit belastenden Ereignissen oder Problemen eng in Verbindung stehen. Psychogen:
- Dysmenorrhoe
- Dysphagie, einschließlich “Globus hystericus”
- Pruritus
- Tortikollis
- Zähneknirschen
Weitere Diagnosen: somatoforme Störung, nicht näher bezeichnet F45.9
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